Die Achillesferse von Security Awareness Trainings: Warum sie oft scheitern
In der dynamischen Landschaft der Cybersicherheit investieren Unternehmen beträchtliche Ressourcen in die Verstärkung ihres digitalen Abwehrsystems gegen die sich ständig weiterentwickelnden Bedrohungen. Dabei sind 85 % erfolgreicher Angriffe auf menschliches Versagen zurückzuführen. Nach einer Reihe aufsehenerregender Fälle haben Unternehmen auf der ganzen Welt endlich erkannt, wie wichtig es ist, ihre Mitarbeiter zu schulen, um sie von Angriffszielen zu einer Verteidigungslinie zu machen.
Im Rahmen der Security Awareness Trainings sollen die Mitarbeiter lernen, wie sie die häufigsten Bedrohungen, die von verschiedenen Quellen wie E-Mail, ungesicherten Geräten, Mobiltelefonen, URLs und Online-Browsing, sozialen Medien usw. ausgehen, erkennen und neutralisieren können. Neben den Bedrohungskanälen werden auch die Risiken und die besten Praktiken zum Schutz sensibler Informationen thematisiert.
Warum scheitern Security Awareness Trainings häufig?
Trotz der besten Absichten und Bemühungen verfehlen Security Awareness Trainings oft ihre Ziele. Sehen wir uns die Gründe an, warum diese Programme (unabhängig davon, ob sie intern oder von externen Unternehmen organisiert werden) häufig fehlschlagen.
1. Mangelndes Engagement
Einer der Hauptgründe für die mangelnde Wirksamkeit von Security Awareness Trainings ist das geringe Engagement der Mitarbeiter. Viele Kurse sind als banale Ankreuzübungen konzipiert und schaffen es nicht, die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu fesseln. Wenn Mitarbeiter die Schulung eher als lästige Pflicht denn als wertvolle Übung zum Aufbau von Fähigkeiten wahrnehmen, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie die präsentierten Informationen behalten und anwenden. Um das Interesse der Teilnehmer zu wecken, ist es wichtig, dass die Inhalte interaktiv und unterhaltsam vermittelt werden.
2. Generischer Inhalt
Oftmals wird bei Security Awareness Trainings ein pauschaler Ansatz verfolgt, bei dem generische Inhalte präsentiert werden, die bei den verschiedenen Zielgruppen nicht unbedingt Anklang finden. Mitarbeiter in verschiedenen Rollen und Abteilungen haben einzigartige Verantwortlichkeiten und stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit. Die Anpassung des Schulungsmaterials an die spezifischen Aufgaben und potenziellen Risiken in den einzelnen Abteilungen ist für die Relevanz und Effektivität entscheidend. Ein Standardansatz kann zu Desinteresse und mangelnder Anwendbarkeit führen, wodurch die Schulung unwirksam wird.
3. Geringe praktische Anwendung
Theoretisches Wissen allein ist im Bereich der Cybersicherheit nicht ausreichend. Zu viele Trainings konzentrieren sich auf die Theorie, anstatt praktische Erfahrungen zu vermitteln. Das erklärt, warum so viele Mitarbeiter trotz Schulung weiterhin verdächtige Anhänge öffnen. Die neurologische Verbindung ist in ihren Köpfen einfach noch nicht hergestellt. Die Mitarbeiter müssen nicht nur das “Was” und “Warum” verstehen, sondern auch das “Wie” – handlungsfähige Schritte, die sie zur Verbesserung der Sicherheit unternehmen können. Interaktive Simulationen, reale Szenarien und praktische Übungen können die Kluft zwischen Theorie und Anwendung überbrücken und die Mitarbeiter in die Lage versetzen, ihr Wissen effektiv anzuwenden.
4. Unzureichende Berücksichtigung des menschlichen Verhaltens
Das menschliche Verhalten ist eine wichtige Variable in der Gleichung der Cybersicherheit, und herkömmliche Schulungsprogramme lassen diesen wichtigen Aspekt oft außer Acht. Mitarbeiter können unbeabsichtigt risikoreiche Verhaltensweisen an den Tag legen, weil sie sich dessen nicht bewusst sind, es nicht verstehen oder unter Zeitdruck stehen. Wirksame Security Awareness-Trainings sollten sich mit der Psychologie des menschlichen Verhaltens befassen, die Gründe für bestimmte Handlungen erforschen und Strategien zur Kultivierung eines sicherheitsbewussten Denkens anbieten.
5. Ungenügende Häufigkeit
Cyber-Bedrohungen entwickeln sich schnell weiter, und eine einmalige oder unregelmäßige Schulung reicht nicht aus, um die Mitarbeiter über die neuesten Risiken auf dem Laufenden zu halten. So haben beispielsweise die neuesten KI-generierten Phishing-E-Mails nicht mehr die gleichen Erkennungsmerkmale wie normale Phishing-E-Mails. Kontinuierliche, fortlaufende Schulungen sind unerlässlich, um gute Cybersicherheitsgewohnheiten zu stärken und die Mitarbeiter über neue Bedrohungen zu informieren. Regelmäßige, in Häppchen aufgeteilte Schulungsmodule können effektiver sein als sporadische, langwierige Sitzungen, um sicherzustellen, dass die Informationen in den Köpfen der Mitarbeiter frisch bleiben.
6. Keine Unterstützung durch die Führung
Damit Security Awareness Trainings erfolgreich sind, müssen sie von der Unternehmensführung nachhaltig unterstützt werden. Wenn die Führung der Cybersicherheit keine Priorität einräumt und die Bedeutung von Sicherheitsmaßnahmen nicht unterstreicht, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass die Mitarbeiter die Schulungen ernst nehmen. Unternehmen müssen sich von oben nach unten verpflichten, eine Sicherheitskultur zu etablieren, in der die Führungskräfte aktiv an Initiativen zur Förderung des Sicherheitsbewusstseins teilnehmen und diese befürworten.
7. Keine Messung und Förderung des Lernens
Viele Unternehmen vernachlässigen die Bedeutung der Messung der Wirksamkeit ihrer Security-Awareness-Programme. Ohne geeignete Metriken und Feedback-Mechanismen ist es schwierig, die Wirkung der Schulungen zu messen und verbesserungswürdige Bereiche zu ermitteln. Regelmäßige Bewertungen, Quizzes und Folgeaktivitäten, wie z. B. Attrappen von Phishing-E-Mails, um zu prüfen, wer daraufklickt, können dazu beitragen, das Gelernte zu festigen, und ermöglichen es Unternehmen, ihre Schulungsstrategien auf der Grundlage von Echtzeit-Feedback anzupassen.
Was hält IT-Verantwortliche von Security Awareness Trainings ab?
Eine aktuelle Umfrage des Cybersicherheitsanbieters G DATA bestätigt, dass geringes Vertrauen in die Wirksamkeit von Sicherheitsschulungen Unternehmen oft davon abhält, diese durchzuführen. Auf die Frage, was gegen Security Awareness Trainings in ihrem Unternehmen spricht, gaben IT-Verantwortliche die folgenden Antworten:
- Die Leute haben keinen Bock
- Einer klickt ja immer
- Antivirus oder (M)EDR reicht doch
- Kein ROSI (Return of Security Investment).
Wie fundiert sind diese Argumente wirklich? Ein Training, der die oben genannten 7 Punkte berücksichtigt, ist in der Lage, die Mitarbeiter wirksam einzubinden. Man stelle sich ein cleveres 5-Minuten-Video vor, in dem ein maskierter Hacker verrät, wie er die sensiblen Daten bei der Eingabe in Kontaktformulare auf betrügerischen Websites stiehlt. Das ist viel spannender als 2 Stunden langweilige Theorie in einem Besprechungsraum zu hören.
Und ja, es ist unvermeidlich, dass jemand auf Sicherheitsbedrohungen klickt. Selbst gut ausgebildete IT-Fachleute können der Müdigkeit und Ablenkung erliegen. Die Wahrscheinlichkeit solcher Vorfälle wird jedoch durch Schulungen erheblich verringert. Außerdem können geschulte Mitarbeiter Fehler sofort melden, so dass schnell reagiert werden kann, um die Verbreitung von Malware einzudämmen und den Schaden zu minimieren.
Aufgrund der ständig zunehmenden Präzision und Gezieltheit der Angriffe darf sich kein Unternehmen nur auf eine einzige Sicherheitsmaßnahme verlassen, sei es Antivirus oder (Managed) Endpoint Detection & Response ((M)DER). Eine 100%ige Sicherheit ist zwar nicht möglich, aber je höher die Sicherheitsreife ist, desto geringer sind die Risiken. Auch wenn sich nicht jedes Unternehmen ein Security Operations Center (SoC) leisten kann, ist es entscheidend, zumindest alle Angriffsvektoren abzudecken – Endpoints und Infrastruktur, E-Mail, cloudbasierte Collaboration-Plattforme und Mitarbeiter. Nicht umsonst nutzen Kriminelle das menschliche Verhalten aus – das schwächste Glied in der Sicherheitskette ist oft nicht die Technologie, sondern die Menschen, die sie nutzen.
Abschließend sollten die Kosten der Sicherheit in Form von ROSI gegen die Kosten des Schadens durch einen potenziellen Angriff abgewogen werden – darunter Lösegeld für verschlüsselte Daten, Verluste durch Betriebsunterbrechungen, Datendiebstahl und -lecks, Rufschädigung und Geldstrafen. Nicht zu vergessen, dass ein ausgereifter Stand der Cybersicherheit heutzutage einen Wettbewerbsvorteil darstellt. Ein gut abgesichertes Unternehmen ist als vertrauenswürdiger Partner in seinem Geschäftsumfeld besser positioniert und in der Lage, Angriffen auf die Lieferkette standzuhalten. Der holistische Sicherheitsansatz umfasst sowohl den Schutz von Daten als auch von Personen, wobei Security Awareness Trainings ein wesentlicher Bestandteil dieser Strategie sind.